Der Frühling kommt

Brif Bruf Braf


Sonntag, 28.2.2021, gegen Abend, Oberstrasse 281a, St. Gallen

Brif, bruf, braf

Eine Geschichte nach Gianni Rodari

ST. GALLEN. Bei Hochnebel sind meine Frau und ich am Vormittag aufgebrochen und ins Appenzellerland hinüber gewandert; am Nachmittag begleiteten uns die freundlich wärmende Sonne und der blaue Frühlingshimmel wieder nach Hause.
In unserer Siedlung sind Kinder am Spielen. Wir kommen ins Gespräch. Wir überlegen miteinander, wie man aus vier Strängen einen schönen Zopf für ein Armbändeli machen kann. N. hat eine Idee. Wir probieren es sofort aus. Und es geht!
D. kommt hinzu. Er schaut, was wir machen. Dann: «Haben Sie eine Geschichte?» «Ja», sagte ich, «und du, hast du auch eine Geschichte?» «Ja!», sagt er. — «Erzähle!» — Und D. erzählt uns einen übermütigen Witz.
«Weisst du auch, worauf es ankommt, ob eine schwarze Katze Unglück bringt oder nicht?», frage ich. — Verschiedene Antworten kommen aus der kleinen Kinderrunde. — «Es kommt darauf an, ob sie einem Menschen oder einer Maus begegnet.»

«Und was ist nun mit der Geschichte?», hakt D. nach. «Gut. — Eine Geschichte von zwei Kindern: Es waren einmal zwei Kinder, die spielten draussen miteinander. Sie wollten eine Geheimsprache erfinden. Damit niemand sie verstehen konnte.
Auf dem Balkon goss eine Frau ihre Blumen.» Ich schaue nach oben, zum Balkon.
«Auf dem nächsten Balkon sass ein Mann und las die Zeitung.» Ich schaue zum zweiten Balkon.
«‹Brif braf›, sagte das eine Kind. ‹Braf brof›, sagte das andere. Und sie mussten laut lachen, so lustig war das.»
Die Kinder lachen auch.
Und dann ich erzähle weiter: Von der Frau, auf dem Balkon, welche die Kinder nicht versteht und sie deshalb dumm findet. Und vom netten Mann auf dem Balkon daneben, welcher der Frau erklärt, was die Kinder soeben gesagt haben, nämlich: ‹Heute ist ein super Tag!› und ‹Morgen wird es noch schöner!›.
Und so geht es weiter, hin und her. Bis zum überraschendem Schluss, als der nette Mann die mürrische Frau freundlich und witzig mit nur drei Worten daran erinnert, wie schön doch das Leben ist. –

«Machen wir jetzt noch ein Spiel?» – «Ja!» – «Ich will das Drachenspiel machen.» Ich schaue im Rucksack: Ja, da gibt es einen Fetzen! Und schon verteidigt ihn der Drachen gegen die Diebe. Lachen. Springen. Fangen. Sich Freuen. Und es bleibt nicht bei diesem einen Spiel . . .  Doch dann, später, ruft eine Mutter zum Nachtessen, und eine zweite auch. Und der Himmel beginnt rotblau einzuschlummern. Zufrieden und müde gehen auch wir nach Hause . . .  —

Wieder draussen sein, wandern, grossen Leuten und Kindern begegnen, mit einer kleinen Geschichte und ein paar Spielen den Alltag auffrischen: Ein schöner neuer Anfang in Erwartung des Frühlings.


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